Immer dann, wenn sich Einkauf und Verkauf gegenüberstehen, geht es darum, eine definierte Leistung zu möglichst optimalen Bedingungen zu
transferieren. Naturgemäß sind die jeweils „optimalen Bedingungen“ aus der
Sicht eines Einkäufers andere als aus der Sicht eines Verkäufers, sodass es
üblicherweise zu Kontroversen kommt. Lesen Sie, warum der Einkauf sich
gegenüber dem Verkauf so häufig durchsetzt.
Im Wirtschaftsleben stehen sich Angebot und Nachfrage
regelmäßig gegenüber und verhandeln über die unterschiedlichsten Arten der Zusammenarbeit.
Hierbei geht es um komplexe Projekte sowie um Dienstleistungen und Produkte. Die
Anbieterseite wird zumeist von einem Verkäufer oder Key Account Manager
vertreten, die Seite des Nachfragers von einer Fachabteilung oder auch nicht
selten vom Einkauf. Und eben dieser Einkauf ist es, der vielen Verkäufern große
Probleme bereitet, denn der Einkauf ist mandatiert, das Angebot des Verkäufers (1.)
vergleichbar zu machen und (2.) zu aus seiner Sicht möglichst optimalen
Bedingungen einzukaufen.
Bekanntlich hat die Markttransparenz durch das Internet erheblich
zugenommen, sodass Informationen über die unterschiedlichsten Märkte für quasi
jedermann leicht zu beschaffen sind. Somit können nicht nur speziell geschulte
Einkäufer, sondern auch der „Durchschnittsverbraucher“ im Internet nach Informationen
googeln, um Leistungen und Preise von Anbietern miteinander zu vergleichen.
Diese Tatsache macht vielen Verkäufern schwer zu schaffen. Insbesondere dann,
wenn ihr jeweiliges Angebot auch von Anderen zu gleichen Bedingungen angeboten
wird, bleibt das einzige Unterscheidungsmerkmal der Preis.
So verbessert man
seine Position
Als Grundregel ist festzustellen, dass die Partei, deren Leistung als leicht austauschbar gilt, in einer schlechteren Ausgangsposition ist.
- Ein 08/15-Produkt kann beispielsweise über diverse Quellen bezogen werden. Hierbei wäre der Einkauf im Vorteil. Es gäbe viele Anbieter (Verkäufer) und ein wesentliches Kriterium bei der Beschaffung wäre der Preis.
- Ein am Markt knappes Produkt allerdings würde von vielen(Ein-) Käufern nachgefragt, sodass der Verkäufer sich auf die Käufer konzentrieren könnte, die ihm den größten Ertrag bescheren würden. In diesem Fall wäre der Verkäufer klar im Vorteil.
Denkt man an Anbieter von Strom oder Gas wird schnell klar,
dass es nicht nur das Produkt ist, worauf es ankommt, sondern dass es noch
viele weitere Eigenschaften zum Produkt, zum Unternehmen, zum Image, zum
Service, zu den Zahlungsbedingungen, etc. geben kann, die einen Kunden in
seiner Entscheidung für einen Lieferanten (Verkäufer) beeinflussen.
Erfolgsmaximierung
durch reale und subjektiv wahrgenommene Wettbewerbsvorteile
Für den Verkäufer ist es stets ein großer Vorteil, wenn ein
potenzieller Käufer sich in sein Angebot „verliebt“. Dies macht das Angebot des
Verkäufers aus Käufersicht einzigartig. Wie im normalen Leben - jenseits aller
Geschäftsaktivitäten - können starke Emotionen Entscheidungen erheblich
beeinflussen. Ein in „seine Herzdame“ verliebter junger Mann ist oftmals bereit,
alles für deren Gunst zu tun und kommt selten auf die Idee, dass es ja noch einige
weitere hundert Millionen Frauen geben könnte, die für ihn in Frage kämen. Er
hat sich entschieden, ist emotional gefangen und hat keinen Blick mehr für
Alternativen.
Wehe, Sie werden
vergleichbar
Die gelebte Realität im Einkauf stellt sich aber oftmals
anders dar. Der professionelle Einkauf stellt die zu beschaffenden
Dienstleistungen und/oder Produkte als vergleichbare Ware dar und fragt Preise
ab. Durch die systematisch hergestellte Vergleichbarkeit bringt sich der
Einkauf in eine gute Verhandlungsposition, denn er suggeriert dem Verkäufer,
dass sein Angebot von vielen anderen Anbietern ebenfalls erbracht werden kann.
Der professionelle Einkäufer zwingt den Verkäufer somit, „sich anzustrengen“
und sich von seinen ursprünglichen Preisvorstellungen zu trennen.
Dieses Vorgehen von Einkäufern funktioniert stets dann, wenn
der jeweilige Verkäufer zulässt, dass sein Angebot vergleichbar gemacht wird. Dies
ist meistens der Fall, da Durchschnittsverkäufer einem professionellen Einkauf selten
Paroli bieten können.
Der Markt für
Freelancer ist ein gutes Beispiel
Interessant zu beobachten ist in diesem Zusammenhang die
Entwicklung auf dem Freelancer-Markt. Trotz Fachkräftemangel gelingt es den
Einkäufern der Konzerne mit geschickten Einkaufsmethoden, Top-IT-Spezialisten
zu immer günstigeren Tagessätzen einzukaufen. Ein definiertes Profil wird an
verschiedene Vermittler, die ebenfalls am zu vermittelnden Freelancer
verdienen, verteilt und findet so eine maximale Verbreitung. Der einzelne
Freelancer wird angehalten, seine Daten in eine vom Einkauf vorgegebene Tabelle
einzutragen, um diesem eine systematische Auswertung zu ermöglichen. Auf diese
Weise standardisiert der Freelancer seine Leistung und wirkt aktiv an der
Vergleichbarkeit seines Angebots mit. Der Einkauf reduziert sich dann nur noch
darauf, die passenden standardisierten Profile in puncto Preis miteinander zu
vergleichen und trifft eine Entscheidung, bei der der Auftraggeber möglichst
viel Geld spart, der Vermittler mitverdient und der Freelancer möglichst wenig
verdient.
Ausschreibungen funktionieren stets auf diese Art und Weise
und jeder Bieter, dem es nicht gelingt, seine besonderen Mehrwerte so zu
positionieren, dass der Einkauf diese erkennt und würdigt, indem er diese extra
vergütet, realisiert seine Aufträge nur durch Margenverzicht.
Ändern Sie die Regeln
Um der Überlegenheit des Einkaufs zu entkommen ist es
erforderlich, dessen Regeln anzupassen und/oder seine eigenen Regeln zu
etablieren. Dies funktioniert allerdings nur dann, wenn es dem Verkäufer
gelingt, sich und sein Angebot von den Angeboten der Anderen abzuheben.
Fraglich ist auch, ob der Einkauf stets der richtige
Ansprechpartner ist, wenn die Besonderheiten des eigenen Angebots von diesem
nicht erkannt oder sogar bewusst ignoriert werden. Im Zuge einer klugen Vermarktungsstrategie
können auch direkte Adressierungen von Fachabteilungen oder anderen geeigneten
Stellen erwogen werden.
Fakt ist, dass der Einkauf zumeist dann überlegen ist und
bleibt, wenn Produkte und/oder Leistungen beschafft werden sollen, die es zu Hauf
im Markt gibt. Wenn der Verkauf dann gezwungen wird, sein Angebot leicht
vergleichbar aufzubereiten und ihm keine Taktik einfällt, sich und sein Angebot
dennoch (auch ohne einen ruinösen Preis) vorteilhaft zu positionieren, dann
wird sich hieran auch nichts ändern.
Fazit: Der professionelle Einkauf ist exzellent geschult.
Schulen Sie Ihre Verkäufer mindestens ebenso exzellent und entwickeln Sie
vorteilhafte Vertriebsstrategien
und -prozesse, wenn Sie gesunde Margen realisieren möchten. Hierdurch
ermöglichen Sie auch durchschnittlich begabten Verkäufern, für Sie gute
Geschäfte zu generieren.
Autor: Andreas Franken, FRANKEN-CONSULTING