Donnerstag, 7. November 2013

EZB-Zinssatz nochmals gesenkt, aber normale Bankkredite sind für viele Unternehmen dennoch meist zu teuer

Der Unternehmensberater Andreas Franken hat im Laufe seiner Karriere mehr als 250 Beratungs­projekte durch­geführt. Zu seinen regelmäßigen Aufgaben zählen die Entwicklung innovativer Konzepte inkl. detaillierter Beschreibung (Business Case), um bei größeren Unternehmen deren Konzernholdings und bei mittleren Unternehmen Banken bzw. Fördermittelgeber vom jeweiligen Vorhaben zu überzeugen. Denn um das Unternehmen oder die Abteilung voranzubringen, braucht man „drei Dinge: Ideen, die richtigen Leute und Geld.“

Redaktion: Größere Unternehmen haben in der Regel zumindest das Geld, mit dem sie sich die richtigen Leute an Bord holen, um jenseits des Tagesgeschäftes kluge Ideen zu entwickeln und umzusetzen. Aber was macht der Mittelstand? Ist es für Mittelständler angesichts aktuell günstiger Zinsen nicht ebenfalls einfach, an billige Kredite zu kommen?

Andreas Franken: Der Hauptrefinanzierungssatz der Europäischen Zentralbank liegt mit 0,25 % auf einem historisch niedrigen Niveau, sodass Geld für die Vorhaben des Mittelstands tatsächlich günstig wie nie sein sollte. Andererseits werden die Banken aber auch zunehmend in die Pflicht genommen, sofern es um Sorgfalt bei der Kreditvergabe und Haftung geht. Denken Sie nur an Basel III.

Redaktion: Was bedeutet das denn für einen Mittelständler, der Kapital braucht?

Andreas Franken: Als Reaktion auf die weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise ab 2007 wurden die Statuten der Bankenregulierung angepasst. Im Ergebnis geben die Banken ihre Unternehmensdarlehen zu Konditionen heraus, die weit über dem Hauptrefinanzierungssatz von 0,5 % liegen. Schauen Sie sich nur die Dispositionskredite an – nicht selten setzen die Banken hier zweistellige Zinssätze an.


Redaktion: Ist das denn gerechtfertigt?

Andreas Franken: Die Banken behaupten das zumindest. Banken verfolgen, wie wir wissen, eine Gewinnerzielungsabsicht, und ich kann mir vorstellen, dass so manche Firmenkundenbetreuer nicht immer die besten Konditionen an ihre Kunden herausgeben. Das ist im Tagesgeschäft der Mittelständler bereits problematisch, aber so wirklich kritisch wird es bei Investitions- bzw. Wachstumsvorhaben. In diesen Fällen sind die üblichen Bankkredite oft zu teuer.


Redaktion: Und was kann man dagegen tun?

Andreas Franken: Das kommt auf den Einzelfall an. Angenommen, Sie sind ein mittelständisches Unternehmen und planen eine Wachstumsoffensive. Dafür müssen Sie zuerst den Markt untersuchen und die eigene Strategie überprüfen. Dann kommt auf dieser Grundlage die Konzeptionierung einer neuen Unternehmens- oder Segmentstrategie inklusive taktischer Maßnahmen und Implementierung. Je nach Umfang wirft so etwas Investitionskosten in fünf- bis sechsstelliger Höhe auf. Einerseits brauchen Sie die Strategieentwicklung, um weiteres nachhaltiges Wachstum zu generieren, andererseits ist das Kapital für die Investition aber nicht vorhanden. In solch einem Fall empfiehlt sich die Inanspruchnahme von Fördermitteln; die gibt es für solche Vorhaben bereits zu einem Effektivzinssatz ab 1 %. Dazu kommen Auflagen, z.B. die konkrete Projektbeschreibung in Form eines Unternehmensplans, damit der Fördermittelgeber die Solidität und Zukunftsfähigkeit des Vorhabens erkennen und bewerten kann, aber das ist bei den Banken kaum anders.


Redaktion: 1 % klingt schon besser – damit kann man doch arbeiten.

Andreas Franken: Das finde ich auch. Hinzu kommt noch: Sie können wahlweise mehrjährige tilgungsfreie Vorlauf- und unterschiedlich lange Gesamtlaufzeiten vereinbaren. Wichtig ist, dass das Konzept stimmt.


Redaktion: Wenn ich aber gerade kein Expansionsprojekt auf dem Tisch habe, wie komme ich sonst am besten an „günstiges Geld“?

Andreas Franken: Europaweit gibt es unzählige Förderprogramme für die unterschiedlichsten Vorhaben. Die Methode, nach der Sie vorgehen sollten, ist stets sehr ähnlich: ein gutes und nachvollziehbar beschriebenes Konzept und die Auswahl des richtigen Förderprogramms.


Redaktion: Wann ist denn ein „nachvollziehbar beschriebenes Konzept“ ein gutes Konzept?

Andreas Franken: Letztendlich geht es um Wettbewerbsvorteile. Um ein Geschäft zu betreiben, müssen Sie einen konkreten Kundennutzen ausmachen und Sie brauchen eine Organisation, die diesen liefern kann. Gut. Um die relevanten Zielgruppen allerdings für sich zu gewinnen, sind klare Gründe zu kreieren, also Wettbewerbsvorteile. So kann man z.B. besser oder netter als andere sein. Schneller oder günstiger sind ebenfalls gute Argumente. Oder stellen Sie sich vor, man wäre in einer nachgefragten Konstellation sogar der einzige Anbieter. Der kapitalsuchende Mittelständler muss sich schon hinsetzen und passende Ideen entwickeln. Die Fördermittel helfen ihm schließlich nur dann, wenn er das Geld auch vermehrt. Da muss er den Fördermittelgeber überzeugen. 


Redaktion: Nehmen wir an, ich bin seit Jahren, wenn nicht Jahrzehnten in meiner Branche, kenne meine Zahlen und den Markt. Da weiß ich doch, was noch geht. Wie soll ich das jemandem erklären, der keine Ahnung hat?

Andreas Franken: Ihre Bedenken sich sicher angebracht. Die meisten Manager sind gut in ihren jeweiligen Berufen, aber das zielgerichtete Entwickeln von Ideen und Konzepten sowie deren Implementierung und die fördermittelgerechte Dokumentation durch Anfertigung eines Unternehmensplans bedürfen weiterer Fähigkeiten. Wer diese Fähigkeiten nicht hat, holt sich externe Unterstützung durch einen Unternehmensberater. Schließlich wird auch diese Kostenposition gefördert.